Die Farben des Wasserstoffs, Teil 1: grau

Die Farbenlehre des Wasserstoffs ist eine bunte Sache. Grafik: Forschungszentrum Jülich/Reisen

Wie viele Farben des Wasserstoffs kennen Sie?  Zunächst mal vorweg: Wasserstoff hat in Wirklichkeit keine Farbe. Er ist unsichtbar. Wenn wir von grünem, grauem oder blauem Wasserstoff reden, dann tun wir das, um die Methoden zu unterscheiden, mit denen Wasserstoff hergestellt wird. Oder wir drücken mit einer Farbe aus, ob der Wasserstoff klimaneutral hergestellt worden ist oder nicht. Also müsste die Frage eigentlich lauten: Wie viele Arten der Wasserstoffherstellung kennen Sie? Wir bleiben trotzdem bei den Farben.

Keine ultimative Antwort

Eine ultimative Antwort auf die Zahl in der Farbenlehre gibt es nicht. Das liegt beispielsweise daran, dass grauer Wasserstoff oft noch einmal unterschieden wird in Bezug auf den ursprünglichen Energieträger. Stammt der Wasserstoff aus einer Braunkohlevergasung, dann sprechen wir von braunem Wasserstoff, stammt er aus einer Steinkohlevergasung, dann ist von schwarzem Wasserstoff die Rede. Auch gibt es eine Definition für grauen Wasserstoff im engeren Sinne: nämlich dann, wenn er aus fossilem Methan gewonnen wird. In der Serie „Die Farben des Wasserstoffs“ versuchen wir uns an einer Farbenlehre. Wir haben keinesfalls den Anspruch, das Thema damit in Stein gemeißelt zu haben.

Teil 1: Grauer Waserstoff

Zu Beginn erklären wir die Art Wasserstoff, die heute den mit Abstand größten Anteil in Deutschland ausmacht, nämlich grauen Wasserstoff. Grauer Wasserstoff als allgemeiner Oberbegriff bedeutet, dass genau das zustande kommt, was in der klimafreundlicheren Energiewirtschaft der Zukunft nicht mehr der Fall sein soll: klimaschädliche Emissionen. Die Realität ist, dass im Moment rund 96 Prozent des weltweit hergestellten Wasserstoffs grau im weiteren Sinn ist, weil klimawirksame Gase freigesetzt werden. Das ist zunächst mal keine gute Klima-Bilanz.

„Grauer Wasserstoff ist das, wovon wir weg wollen“, sagt Prof. Andreas Peschel, Professor am Institut für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) des Forschungszentrums Jülich. „Das große Ziel muss ganz klar sein, dass wir Wasserstoff herstellen und verbrauchen, der in seiner gesamten Wertschöpfungskette keine (oder kaum) klimaschädlichen Emissionen verursacht.“ Das bedeute ganz klar, dass die weltweite Produktionskapazität für nachhaltig hergestellten Wasserstoff deutlich gesteigert werden muss, damit grauer Wasserstoff aus dem Markt gedrängt werden kann.

Teil 1: Grauer Wasserstoff

Bis das so weit ist, sei grauer Wasserstoff laut Peschel aber eine akzeptable Brückentechnologie. Denn im Vergleich zu fossilen Energiequellen wie Kohle oder Öl sei die Klimabilanz von grauem Wasserstoff besser. Zwar sind – genau wie Kohle und Öl – die Reaktionsprodukte bei der Produktion umweltschädlich. Beim Nutzen der gespeicherten Energie werden im Fall von grauem Wasserstoff allerdings keine klimawirksamen Gase frei. Ganz im Gegensatz zu fossilen Energieträgern.

Aus Sicht der Brennstoffzelle ist Wasserstoff gleich Wasserstoff, ganz gleich, welcher Farbenlehre er zugeordnet wird. Die Brennstoffzelle macht aus Wasserstoff Energie und Wasser und verursacht keine negativen Folgen für das Klima.

„Es gibt einen zweiten Aspekt, der grauem Wasserstoff vorübergehend Sinn verleiht“, spielt Andreas Peschel auf die Wasserstoff-Infrastruktur an, die auch deutlich wachsen muss. Aktuell gibt es in Deutschland einen Bedarf für rund 47 Terawattstunden Energie, die in Wasserstoff gespeichert ist, was rund 12 Millionen Tonnen Wasserstoff entspricht. Der nationale Wasserstoffrat sagt für 2050 einen Bedarf zwischen 964 und 1364 Terawattstunden voraus.

Das große Ziel muss ganz klar sein, dass wir Wasserstoff herstellen und verbrauchen, der in seiner gesamten Wertschöpfungskette keine (oder kaum) klimaschädlichen Emissionen verursacht.

Prof. Andreas Peschel

Alles muss wachsen, und zwar mit Blick auf die globale Erwärmung so schnell wie möglich: sowohl die Wasserstoff-Produktion als auch die darauffolgende Infrastruktur für Lagerung, Transport und Verbrauch. „Wir können es uns nicht leisten, zuerst die Produktion von grünem Wasserstoff hochzufahren und erst danach die weitere Infrastruktur auszubauen. Dann verlieren wir zu viel Zeit. Beides muss zeitgleich geschehen. Deswegen ist es sinnvoll, die bereits vorhandene oder bald ausgebaute Wasserstoff-Infrastruktur auch mit grauem Wasserstoff zu nutzen. So lange, bis er von grünem Wasserstoff verdrängt wird. Denn wie bereits erwähnt ist die Klimabilanz von grauem Wasserstoff immer noch deutlich besser als die von fossilen Energieträgern.“

Als weitere gangbare Übergangslösung sieht Andreas Peschel blauen Wasserstoff an. Der wird genau so hergestellt wie grauer Wasserstoff, allerdings wird das CO2 aufgefangen und eingelagert (Carbon Capture and Storage) und gelangt damit nicht in die Atmosphäre. Blauer Wasserstoff – ein Fall für´s nächste Mal.